THE BIG GONG – Heavenly metal

Klangreise durch die Galaxie

Kosmische Gedankenspiele beflügeln nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Künstler wie Filmemacher oder Komponisten. Fantasien über extraterrestrische Gefilde riefen immer wieder – und manchmal abenteuerliche – Mutmaßungen hervor, auch wenn der reale Befund jenseits geologischer Aspekte bisher überwiegend ernüchternd wirkt. Für Peter Heeren mögen es esoterische, astrologische und physikalische Interessen sein, die ihn zu seiner „Planetarischen Symphonie“ inspiriert haben. Ein Werk für zehn Gongs, erst kürzlich in Wuppertal im Rahmen einer Joseph-Beuys-Hommage uraufgeführt. Die Teile entführen in höchst ungewöhnliche Klangregionen und versetzen das Publikum in Staunen, wie jetzt in der Lüneburger Kreuzkirche, wo die galaktische Exkursion reichlich Aufmerksamkeit und beifallsstarke Reaktion auslöste. Peter Heeren arbeitet seit mehr als zwei Jahrzehnten als evangelischer Kantor im schleswig-holsteinischen Marne bei Brunsbüttel, sucht aber regelmäßig den Weg in andere Bereiche. Für die Weltausstellung in Hannover schrieb er zum Beispiel das elektronische Ballett „Der Kredit“, daneben die „Tango-Maschine“ oder ein Orgel-Stück mit dem griffigen Titel „Sie liebt mich. Sie liebt mich nicht“. Nun also eine Gong-Symphonie. Mit diesem uralten Instrumentarium beschäftigt sich der Musiker schon lange, beherrscht den Umgang damit vollendet. Zehn Klangschalen unterschiedlichster Größe kommen zum Einsatz, erzeugen mystische, sphärische Klangflächen oder kurze Impulse, dazu eine wahre Flut von Obertönen. Ein Suchender ist der Künstler, neugierig auf Herausforderungen, die sich ihm stellen. In der planetarischen Exkursion geht es ihm um Konstellationen. Sonne zu Mars oder Jupiter zu Neptun sind dafür Exempel. Daraus destilliert er faszinierende Echolote aus dem All, die er mit diversen Schlegeln erzeugt, sie vitalisiert, bis hin zu rauschhaften Zuständen. Er zieht Linien und Kreise auf den Gongs, schlägt ins Zentrum oder berührt zart den Rand. Dumpfes Wabern, flirrender Diskant, weit ausschwingende Flächen assoziieren Symbole und Bilder, vermitteln musikalische Eindrücke von der Unendlichkeit des Kosmos. Farbenreiche Geräuschkulissen entstehen dabei, die geheimnisvoll, gelegentlich fast gruselig anmuten. So oder ähnlich könnte es tatsächlich im Weltraum klingen, der bekanntlich nicht so still ist, wie anzunehmen wäre. Besonders auffällig: Die Energie, sie strömt, verdichtet sich zu aufgeladenen Kraftfeldern. Einige Momente erwecken den Eindruck von verwischenden, sonoren Stimmen, anderes tönt fast brachial oder erinnert an Glocken. Das Spektrum der Ausdrucksmöglichkeiten überrascht, verblüfft die Zuhörenden. Heeren inszeniert den gegongten Astralsound mit Gesten, beinahe tänzerisch bewegt er sich zwischen den hängenden Instrumenten, scheint vor der Berührung gebetsartig Kontakt mit ihnen aufzunehmen. Das intensiviert die Klangerfahrung kolossal. Im breit angelegten Finale tönt die Sonne, nachdem sich zuvor eine Art Weltenharmonie wie ein Versprechen für die Zukunft präsentiert. Die individuellen Zugänge mögen sehr verschieden sein, dem außergewöhnlichen Reiz dieser Musik wird sich aber wohl niemand entzogen haben können.

Heinz-Jürgen Rickert

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